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Teil 3: Auferstehender – ein Mosaik von Karl Bauer

Erstes Legen

Bevor ich mit dem Legen der Steine begann, sortierte ich sie noch etwas genauer nach Farben – Kisten hatte ich ja genug. Für den Start wählte ich den Heiligenschein – mir erschienen die hellen Steine recht markant und so hoffte, ich diese unter den vielen Teilen zu finden. Zudem war dies für mich der Test, ob die Größenberechnung auch stimmt. Daher druckte ich das auf die Größe hochgerechnete Bild mit meinem eigenen Drucker auf A4-Bögen aus und montierte sie zusammen. Tatsächlich fanden sich einzelne Steine und Smalten, die eindeutig diesem Bereich zugeordnet werden können und mir auch die Größe bestätigten. Dennoch überkamen mich bereits hier erste Ernüchterungsgefühle. Es bestätigte sich die Befürchtung, dass Einiges an Material zerbrochen oder vielleicht auch verloren gegangen ist und ich erste Kompromisse eingehen musste. Mindestens ein großes Teil aus dem Heiligenschein war unauffindbar – aber natürlich gab es in dem gesamten Fundus eine stimmige Alternative – die dann halt später irgendwo abgehen wird.

Kurioserweise hatte ich auch Steine, die nirgendwo zu passen schienen, so dass ich die scherzhafte Vermutung aufstellte, dass die Steine wohl von einem anderen Mosaik sein müssten.

Schein und Wirklichkeit

Ein – oder mehrere spezielle Herausforderungen hatte ich mit dem Foto selbst. Die Farben entsprachen so gar nicht den vorhandenen Steinen – nicht einmal auf die Verteilung von hell und dunkel konnte ich mich verlassen. Die glatte Oberfläche einiger Steine mit polierter Operfläche, vor allem aber der Smalten erschien im Vergleich zu den anderen Steinen am Bild unverhältnismäßig viel heller, als sie es waren. Im Gesicht konnte ich einen solchen Stein relativ leicht entlarven, da er Teil der zusammenhängenden linken Augenpartie war: Am Foto unpassend, sowohl die Farbe wie auch die Helligkeit, war es in Wirklichkeit ein wunderbares, sehr, sehr dunkles Rot.

War es hier rasch zu erkennen, werde ich mich wohl an anderen Stellen täuschen lassen müssen. Zudem entpuppten sich der eine und andere dunkle Stein in Wirklichkeit als zwei sehr eng beieinander liegende, weil sie durch die Unschärfe im Bild miteinander optisch verschmolzen waren. Auch das wird wohl am gesamten Foto immer wieder vorkommen. Je besser ich allerdings Details am Foto erkennen kann, umso leichte tu ich mir mit dem Nachbauen. Ich bat darum, noch einmal nachzuschauen, ob es nicht doch ein besseres Foto gibt – vor allem in Hinblick auf die Hände, die auf diesem Foto eher eine undefinierbare Masse war. Herr Oberlerchner wurde tatsächlich fündig – der Unterschied war gewaltig:

Natürlich war auch dieses Foto in der Vergrößerung unscharf, aber es waren deutlich mehr Details erkennbar. Am rechten (Handy unteren) Foto oben sieht man bei der linken Augenpartie die Kopie dieser Partie, die ich ausgeschnitten und über den Ausdruck gelegt hatte – erkennbar an den Farben, die sich von denen des Fotos unterscheiden. Auch eine Bestätigung, dass die Vergrößerung passte. Das Gesicht sollte dann aber vorerst warten. Die Steine hier waren viel zu klein zum lose Legen und ich würde mich später, wenn ich zum Kleben anfange, wieder mit diesem auseinandersetzen. Auch die Hände werde ich später aus demselben Grund direkt kleben. Wie auch immer, wird vieles Intuition und Improvisation sein, aber immer mit dem Ziel, den Stil und die Ausstrahlung des ursprünglichen Mosaiks wieder zu treffen und dennoch diesen Teil der individuellen Mosaikgeschichte zu dokumentieren und sichtbar machen.

Noch einmal Größenberechnung

Nun musste ich das neue Foto ebenfalls auf Originalgröße bringen. Eine echte und unterschätzte Herausforderung waren dabei die Verzerrungen des Bildes. Als ich zum Check ein paar Seiten ausdruckte und die kopierten Steine auflegte, passten die Dimensionen perfekt für das Gesicht, aber an anderen Stellen gab es deutliche Unterschiede – egal ob nach oben, zu den Seiten oder nach unten hin. Ein paar sehr markante Steine konnte ich ja dank Form und Maserung eindeutig zuordnen und damit meine Aussage mit den falschen Steinen selbst widerlegen ;-) . Wenn ich die Steine kopieren kann, kann ich sie auch scannen, das hatte nun den Vorteil, dass ich diese Steine in meinem Fotobearbeitungsprogramm in einer eigenen Ebene über das Foto legen konnte. Nun begann ich am Foto zu zerren bis auch diese Steine beinahe perfekt übereinander passten. Da bei dem neuen Foto ungefähr 30 – 40 cm unten fehlten, musste ich auch die beiden Bilder aufeinander anpassen, da sie nicht vom exakt gleichen Winkel aufgenommen wurden.

Am Foto mit den Füßen kann man die Linie erkennen, an der das neue Foto aufhört, der Teil darunter ist vom ursprünglichen Bild. Die Steine und Smalten, die ich gescannt habe, konnte ich alle eindeutig am Foto zuordnen. Sie halfen nicht nur bei der Größenanpassung, sondern auch bei der Farbwahl. Besonders angetan hatte es mir der längliche Stein mit der markanten weißen Zeichnung. Zu meiner Freude fand ich – viel später – auch das ausgebrochene Eck.

Das waren nun doch einige Stunden Computerarbeit, aber es lohnte sich, denn ich hatte ein zufrieden stellendes Ergebnis. Die Teile vom Gesicht und auch die Einzelsteine passten quasi perfekt und so dürfte die Größe des Mosaiks ca. 170 x 245 cm gewesen sein, etwas breiter, als die Berechnungen am ersten Foto ergaben, aber innerhalb Schwankungsbreite meiner ersten Berechnungen.

Ich bin dem Künstler Karl Bauer bzw. dem Mosaizisten Aurelio sehr dankbar, dass sie sehr großer Tesserae verwendet hatten. Mit 1 x 2 cm Teilen hätte ich deutlich mehr Kompromisse bei der Berechnung eingehen müssen – vermutlich aber auch mehr Spielraum gehabt. Nun würde ich endlich einen finalen Ausdruck machen lassen und hatte bereits einen guten Überblick über das Material.

Jetzt geht es richtig los

Ich übertrug nun das bereits Gelegte auf den großen Ausdruck.

Ziel bei dieser Arbeit des losen Auflegens ist, eine gute Farbzuordnung zu schaffen und zu überprüfen, ob genügend Material vorhanden ist. Ich habe mir vorgenommen, die Figur und das Oval ausschließlich mit Originalteilen zu machen. Sollte etwas fehlen, würde ich mich an den peripheren Steinen bedienen. Auch wenn das Mosaik nie wieder in seinen originalen Zustand zurück versetzt werden kann, möchte ich damit so viel Original wie möglich für die zentralen Elemente im Mosaik wieder verwenden – das hat für mich persönlich eine besondere Symbolwirkung und ich sprach das auch so mit Herrn Bauer und Herrn Oberlerchner ab: Was eindeutig ist kommt an seinen Platz, der Rest wird nach Gefühl improvisiert.

Es war ein ständiges Evaluieren der Farben, Zuordnen, Korrigieren, Verwerfen, neu Machen. Wie ein Puzzle, mit dem Unterschied, dass ich nicht die Kontrolle der Passgenauigkeit hatte und daher immer nur mit dem Blick aufs Ganze entscheiden konnte, was mir richtig erscheint und was nicht – oder wie das Zusammensetzen von Scherben eines archäologischen Fundes (Etwas, was ich auch unheimlich gerne einmal machen würde … Scherben halt!). Aber es ging voran: Tuch, Oberkörper, Kleid, Oval …

Es kam der Zeitpunkt, an dem ich mir den Mangel an Steinen nicht mehr schönreden konnte. Nicht nur, aber vor allem Smalten waren zersplittert und zum Teil nicht brauchbar. Dies bemerkte ich natürlich schon recht früh in dem grünen Oval und ich musste doch sehr viel an Improvisation aufbringen, um die Fläche zu füllen. Da das ursprüngliche Mosaik sehr „grob“ gelegt war, also zum Teil sehr starke Fugenbreiten aufwies, konnte ich mich hier doch etwas spielen und so das vorhandene Grün aufteilen, ohne den Charakter der Legetechnik zu verlieren. Bei der Umrandung des Ovals musste ich aber kapitulieren – es gab einfach nicht genügend Material, selbst dann nicht, wenn ich vermute, zu viel von diesen „Rahmensteinen“ z.B. im weißen Schultertuch verwendet zu haben, denn dann müssten ja vise verca von dort noch Steine übrig sein. Das war es aber nicht. Auch wenn ich die hellen Flächen im Hintergrund betrachte offenbarte sich, dass nicht nur ein paar wenige Steine fehlten, sondern ich wirklich nur einen Teil davon füllen werde können. Dies wird vermutlich auch für die dunklen Flächen gelten.

Wie auch immer würde ich nun mit dem Kleben beginnen. Am Ende soll das Mosaik auf einer großen Platten Platte montiert werden, damit es ortsunabhängig bleibt und ein zweites Abschlagen von einer Wand garantiert ausgeschlossen bleibt. Doch vorerst – zumindest für die Figur selbst – geht es auf ein Netz. Darüber mehr in Teil 4.

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